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JYLLANDSPOSTEN 09.04.2002

Italienischer Forscher auf dem Weg zum menschlichen Klon

von Jens GRUND und Chr. THYE-PETERSEN
Übersetzt ins Deutsche von Thomas Lotz

Gott erschuf den ersten Menschen.
Oder: Der erste Mensch erschuf Gott.
Das hängt davon ab, was man glaubt.

Gegenwärtig versucht sich der italienische Fruchtbarkeitsexperte Severino Antinori an seinem eigenen, hochtechnologischen Schöpfungsbericht. Rund um die Erde ekeln sich die Menschen wegen der Gerüchte, dass eine Frau mit einem Klon schwanger sein soll, der von dem berüchtigten Arzt stammt. Empört ist auch einer von Dänemarks führenden Reproduktionsforschern, Professor Torben Greve von der Kongelige og Veterinære Landbohøjskole. Anders als viele wendet er sich jedoch nicht grundsätzlich gegen die Idee, von einem Menschen eine genetische Kopie herzustellen. Seine Begründung: Längst schon habe der Mensch Mutter Natur das alleinige Recht auf die Kunst der Fortpflanzung entrissen.

Die Technik funktioniert noch nicht

Hingegen ist Torben Greve strikt gegen das Klonen von Menschen zum jetzigen Zeitpunkt. Die Technik sei noch so fehlerhaft, dass die allermeisten geklonten Embryonen sterben oder mit schweren Behinderungen zur Welt kommen würden.

"Das ist eine Art Angeberei. Wir wissen, wie schlecht das Klonen schon bei Haustieren funktioniert. Es gibt keinen Grund, zum Vergnügen Menschen herzustellen. Es ist vielmehr schädlich für das Ganze, denn wir sind noch so weit davon entfernt, uns überhaupt dem nähern, was man eine Erfolgsrate nennen könnte. Der italienische Arzt zerstört die Möglichkeiten, in diese Richtung weiterzuforschen. Denn das wird für die internationale Gemeinschaft eine willkommene Gelegenheit sein, die Forschung zu bremsen."

Grundsätzlich jedoch will Torben Greve das Klonen von Menschen nicht ablehnen, wenn es einmal so weit sein wird, dass man diese Technik sicher anwenden kann und dabei nicht reihenweise menschliche Tragödien produziert.

"Wir befinden uns hier schon längst auf einer Rutschbahn. Wenn man bei dieser Technik ‚Stop' sagt, bevor sie fertig entwickelt ist, warum hat man dann nicht auch ‚Stop' gesagt bei der künstlichen Befruchtung oder beim Heranwachsenlassen von Embryonen im Reagenzglas? Es ist schon seltsam: Kaum nimmt man das Wort Klonen in den Mund, kriegen die Leute einen Schrecken."

Torben Greve stellt sich vor, dass man das Klonen bei Paaren anwendet, die nicht selbst Kinder bekommen können. Er huldigt dem Prinzip "Leben schaffen":

"Es ist Unfug, in Dänemark Abtreibungen zu akzeptieren und gleichzeitig das Schaffen von neuem Leben zu verbieten. Das Klonen schafft grundsätzlich neues Leben. Man entnimmt dem Körper eine Zelle, macht eine Eizelle und daraus einen Embryo. Das soll natürlich unter sehr genauer Kontrolle geschehen."

Das Einzigartige

Eines der Argumente gegen das Klonen ist, dass jeder Mensch etwas Einzigartiges sei, weshalb man nicht wie in einer Fabrik Menschen mit bestimmten genetischen Eigenschaften kopieren sollte, die dadurch bestimmte Fähigkeiten erlangen. Das stört Torben Greve jedoch nicht im Geringsten.

"Diese Philosophie könnte ich vertreten, wenn ich einen sehr festen Glauben daran hätte, dass die Seele eines Menschen in seinem Genom steckt. Das glaube ich aber nicht. Ich glaube, dass natürlich unsere Erbanlagen wesentlich bestimmen, dass wir so aussehen wie wir aussehen. Und natürlich sind wir auch geistig in gewissem Maße festgelegt durch das, wie wir sind; doch bestimmen uns auch die Einflüsse während unseres Aufwachsens. Ethisch wird man wohl kaum behaupten können, dass eine Kopie nicht genau so gut sein kann wie ein normaler Mensch."

Torben Greve gibt zu, dass man als Vater und Mutter wohl versuchen wird, aus seinem Sohn einen Fußballer zu machen, wenn man ihn mit der Absicht geklont hat, dass er ein neuer Laudrup werden soll.

"Damit habe ich aber keine großen Probleme, denn das tun wir ja sowieso schon: Unsere Kinder so prägen, wie wir sie gerne haben wollen. Die wahren Bedürfnisse des Kindes werden dabei immer wieder zurückgedrängt. Man lässt ja auch alle Leute miteinander ins Bett gehen, um Kinder zu kriegen, und es gibt dafür keinerlei Beschränkungen. Ich kann nicht verstehen, warum der Staat beim Klonen eingreifen sollte, solange er es bei der allgemeinen Sexualität nicht tut. Ist das nicht paradox?"

Die Schreckensvision einer finsteren Zukunft ist der Roman Die Boys aus Brasilien von Ira Levin, in dem der böse Naziarzt Josef Mengele mit heimlich aufbewahrten Zellen Adolf Hitlers 94 Kinder klonen will, die von Frauen ausgetragen werden sollen, die aus einer ähnlichen sozialen Schicht wie Hitler selbst stammen. Torben Greve kommentiert das legendarische Schreckensbild mit zwei Wörtern: Abgedrehter Quatsch.

Eine schlechte Methode

"Selbst wenn diese Jungen aus Brasilien oder irgendwelche anderen finsteren Gestalten unserer Gegenwart heute kopiert würden, wären doch die Verhältnisse entscheidend, in denen sie aufwachsen. Die Geschichte zeigt, dass man dadurch Menschen sehr viel leichter gleichschalten kann - zum Beispiel durch Indoktrination. Das Klonen wäre dafür eine unglaublich schlechte Methode."

Torben Greve will jedoch keine Jahreszahl dafür nennen, ab wann es ethisch vertretbar sein könnte, das Menschenklonen zuzulassen und als natürlichen Bestandteil der menschlichen Beherrschung und Weiterentwickung der Natur anzusehen.

"Es wird unglaublich schwer sein, das Menschenklonen zu einer Methode mit ordentlicher Erfolgsrate zu machen. Ich werde das wohl nicht mehr erleben, vielleicht nicht einmal meine Kinder. Aber hätte man vor 100 Jahren behauptet, es sei möglich, Herzen zu transplantieren, wäre man fast auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Nun sind wir so weit, dass man (geklonte) Individuen vieler verschiedener Arten sehen kann, die leben, und deshalb wäre es verkehrt zu glauben, die Menschheit müsste sich damit niemals als reale Möglichkeit auseinandersetzen. Aber ich bin wirklich nicht dafür, jetzt schon Menschen zu klonen. Überhaupt nicht."